Hingabe – Die Gabe des bedingungslosen Seins

Wenn Menschen etwas mit voller Hingabe tun, zeigt sich Liebe auf eine besondere Weise. Hingabe – was ist das eigentlich? Was erschwert sie, macht sie vielleicht auch unmöglich? Was ist dazu notwendig? Darauf möchte ich nun eingehen.

Was ist Hingabe?

Nimmt man die Literatur zur Hand liest man dort: Hingabe ist ein rückhaltloses Sich-hingeben für jemanden oder etwas, verbunden mit einer großen inneren Beteiligung, von höchstem inneren Wert bis hin zur Selbstaufgabe. Negativ behaftet ist der Begriff als opfern, unterwerfen, unterordnen, sich aufgeben. Diese Perspektive auf die Hingabe wurde im Altertum geprägt. Hingabe war das Motiv der Selbstopferung, sich den Göttern zu opfern, sich hinzugeben für etwas Größeres oder für jemanden, an dessen Stelle.

 

Hingabe ist ein bedingungsloses „Ja“ zum Leben, ein „Ja“ zum Sein.

Das Sein umfasst dabei für mich den vergangenen Moment, den momentanen Augenblick und die Zuversicht in das was kommen mag. In der Hingabe löst sich die Ich-Bezogenheit auf, die Menschen stellen sich offen voll und ganz zur Verfügung und ordnet sich ein in ein Größeres unter ohne sich selbst dabei zu überhöhen oder zu erniedrigen.

Es gibt drei Aspekte der Hingabe.

Hingabe zu Gott: Sie beruht auf Gottvertrauen, eine Gottesliebe. „Nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe“. Menschen mit einem großen Gottvertrauen werden jeden Auftrag annehmen, werden nichts zurück halten, werden sich ganz hingeben.

Hingabe an Menschen: Viele Menschen haben einen spirituellen Lehrer, lernen von ihm, stellen die Verbindung mit ihm her. Diese Hingabe ist ähnlich der Hingabe an Gott, nur dass dieser spiritueller Lehrer ein lebendiger Wegbegleiter ist oder war. Gleichzeitig kann die Hingabe an Menschen auch die Hingabe in einer Partnerschaft, die Hingabe zum Partner sein. Ganz verbunden zu sein mit einem Menschen, eins zu sein.

Hingabe an eine Sache oder an eine Aufgabe: Menschen die sich aus ganzem Herzen etwas zuwenden und tun, geben sich einer Sache oder Aufgabe auf eine besondere Weise hin. Sie sind im Flow. Hier spricht man oft von „Berufung“

Was erschwert die Hingabe?

Kontrolle:   

Hingabe bedeutet, das Leben und alles was dabei geschieht, nicht mehr analysieren, bewerten, begründen, herausfinden, erklären, bestimmen, lenken, vorhersehen zu wollen.

Angst:             

Wir alle haben Ängste. Angst vor dem nicht gesehen werden, Angst vor dem Verletzt-werden, Angst vor dem Alleinsein, Angst vor materieller Unsicherheit, Angst vor Unbekanntem, Angst vor Kampf und Ungerechtigkeit… ANGST.

Gedanken:        

Denken unterbindet die Hingabe. Denken erfolgt zwar in diesem Moment, aber bezieht sich meist auf vergangenes oder zukünftiges. Denken vergleicht mit Erfahrungen in der Vergangenheit oder erarbeitet Prognosen für die Zukunft.

Zwiespalt:       

Hin und her gerissen zu sein, in einem Spannungsfeld zu stehen, behindert die Hingabe. Wenn wir zwischen unterschiedlichen Positionen, Vorlieben, Einschätzungen, im Zwiespalt unserer Werte uns befinden, kommen wir in die Enge und streben dann gleichzeitig in dem Moment nach Sicherheit und Freiheit. Unsere Wahrnehmung ist dann beeinträchtigt.

Erwartungen: 

Unsere Wünsche prägen unsere Erwartungen. Jeder hat bestimmte Vorstellungen von sich, von anderem, von seinem Leben. Erwartungen sind normal, wir sollten nur wahrnehmen, wenn wir welche haben.

Widerstand: 

Finde den Widerstand in dir und alles wird sich verändern. Das Leben stellt uns vor vielen Herausforderungen. Wir erleben Schmerz und Leid. Wenn Leid geschieht, wird es aber nicht verschwinden, wenn wir es ablehnen oder uns dem widersetzen. Ein bedingungsloses „Ja“ zum Leben führt dazu den Zustand selbst in dem Augenblick anzunehmen und nicht zu verurteilen.

 

Was ermöglicht Hingabe?

Achtsamkeit:  

Will ich Hingabe üben, brauche ich eine Form der Aufmerksamkeit, die auf den gegenwärtigen Moment gerichtet ist. Zum einen unbeteiligt zu beobachten, aber auch mit Sorgfalt und Aufmerksamkeit das tun, was zu tun ist. Zum einen heißt es dann inne zu halten, gütig zu schauen – auf sich und andere. Ein :“Aha – das geschieht gerade“, um dann zu schauen, was bedeutet es für mich.

Stille:  

In der Stille ist Leere und Fülle zugleich. Es ist der Ort an dem die Gedanken entspringen und wieder zurückkehren. Hier ist der Verstand so ruhig wie ein klarer Bergsee. Alles wird ruhig, verschwindet und ist zugleich zugegen. In der Stille bedarf es nichts. Nichts was geändert werden muss, alles darf sein, ob Freud oder Schmerz.

Augenblick:  

Hingabe kann nur in der Gegenwart, in dem hier und jetzt, im momentanen Augenblick geschehen. Sie ist wie Kairos in der griechischen Mythologie, ein Jüngling mit Flügelchen an seinen Füßen, stets auf Zehenspitzen umher huschend, niemals still stehend. Der Augenblick: Niemand weiß, wann er wo sein wird und ist er da, ist er auch schon wieder weg.

Positivität:     

Hingabe benötigt die Basis des Wohlfühlens. Positive Gefühle wie Freude, Dankbarkeit, Heiterkeit, Vergnügen und Liebe bewusst wahrzunehmen, ausdrücken zu können, ermöglicht den Zugang zur Hingabe.

Vertrauen:     

Vertrauen und Hingabe geschieht in der völligen Nacktheit des eigenen Wesens, in der Berührtheit und Verletzlichkeit. Alles darf sein und sich zeigen. Dazu ist es notwendig, sich selbst zu kennen um sich selbst zu trauen.

Mut:        

Zur Hingabe gehört Mut. Aber was ist Mut? Nimmt man die Literatur zur Hand, wird Mut so beschrieben: „Mut bedeutet beherzt etwas zu wagen dessen Ausgang noch ungewiss ist. Sich zu trauen und darauf zu vertrauen, dass man selbst etwas verändern kann. Der Schritt des Handels ist dabei aktiv und es gilt bestehende Hindernisse und Risiken zu überwinden. Gefahren und Bedenken sind vorhanden und Unsicherheit ist gegeben.“

Was bringt Hingabe?

Wenn sich zwei Menschen lieben und diesem Moment der Hingabe erleben, zeigt sich als ein gemeinsamer Moment des Innehaltens, Verschmelzens, Verbinden, Auflösens zu einem einzigen Ganzen, Vollkommenen. Der Augenblick des inneren Friedens und der hellen reinen Liebe. Dem anschließendem Staunen, voller Dankbarkeit. Es ist bereichernd, ein Geschenk ans Leben.

In dem Moment der Hingabe beenden wir unsere  inneren Kämpfe, Selbstzweifel und Ich-geprägten und öffnen uns für den Geist des Erwachens. Denn in der Bereitschaft sich hinzugeben, vorbehaltlos, rückhaltlos, bedingungslos zu Sein, offenbart sich die Schönheit des Lebens. Es ist nicht der einfache Weg, es ist aber der Weg die eigene Berufung zu leben und bringt Glück, Freiheit, Verbundenheit, Lebendigkeit und Leichtigkeit.

 

Autorin: Anita Schmitt

Text: Auszug aus dem Vortrag von Anita Schmitt, Copyright Praesentation_Hingabe_Anita Schmitt